Im Sommer 2019 war ich knapp zwei Wochen in Marokko. Drei Tage in Marrakesch, dann für den Rest der Zeit am Antlantik in Essarouira. Das Midi-Keyboard war mit dabei. Auch wenn ich kaum Zeit dafür gefunden habe, gab es doch einen kreativen Abend auf einer Dachterasse mit Kopfhörern auf den Ohren und Blick zum Meer.
Essaouria, der nach der Küstenstadt benannte Beat, besteht aus Samples von vier verschiedenen Jazztunes. Ein Pianosample von Peter Sandberg, ein Fusion Jazz Piano Lauf von Dr. Lonnie Liston, ein spannungsaufbauender 9th Akkord auf der Gitarre von George Benson und wunderschönen Saxophon-Licks von Scott Hamilton. Alle Samples sind nur sehr kurz und in ihrer Geschwindigkeit und Tonhöhe so abgeändert, dass sie dem Original kaum zugeordnet werden können.
Zunächst einmal war ich damit beschäftigt alle Samples, die ich aus verschiedenen Kompositionen von unterschiedlichen Künstlern entnommen hatte, in die selbe Tonart zu bringen. Das ist vergleichsweise mühselige Arbeit und hat zunächst wenig musikalisches an sich.
Der mit dem Midi-Keyboard eingespielte Rhythmus hat eine kleine Besonderheit. Die Hi-Hat, die in im 4/4 Takt mitläuft, ist leicht verschoben. Sowohl die zwei als auch die vier im Takt sind um 1/64 nach hinten versetzt. Das gibt dem Takt einen Swing und lässt den Beat langsamer wirken als er tatsächlich ist.
Das ist ein Element aus dem 90er Jahre Boom Bap Hip-Hop, der von J-Dilla geprägt wurde. J-Dilla hatte nie bewusst die zwei und die vier versetzt um einen Swing zu erzeugen, sondern er schaltete die Timing-Korrektur seines MPC’s einfach komplett ab.
Das war damals ungewöhnlich, da der Computer ja den exakten Abstand zwischen den Beat kennen müsste. So ist und war es auch. Aber wenn wir es ausprobieren, hört sich ein Rhythmus, der exakt auf den Taktlinien der Produktionssoftware gesetzt wurde, statisch und unbelebt an. Den kleinen Versatz des zweiten und vierten Schlags im Takt, ist eine Sache die rein aus Gefühl entstanden ist.
Ein Computer würde sagen das ist nicht im Takt. Ist es auch nicht. Aber wir Menschen sind keine Computer und Musik ist etwas gefühlvolles, Menschengemachtes. Auch wenn die technischen Hilfsmittel immer raffinierter werden, wird es immer den Unterschied zwischen ‚echter‘ Musik und reinen Computer-Produktionen geben.
In meiner kleinen Produktion, ist die Bassline ist über das Keyboard eingespielt, ebenso wie einige Akkorde auf dem Synthesizer. Die Synth-Akkorde laufen nur im Hintergrund und beschreiben sozusagen den Vibe in seiner simpelsten Form.
Die Geräusch-Atmo, die man am Anfang gut hört, ist vor Ort in Essaouria an einer belebten Straße aufgenommen worden.
Als ich die Sounddatei auf Youtube veröffentlicht habe, hab ich das Video noch mit einem kleinen Artwork versehen. Das Foto hatte ich damals am Hafen der Stadt gemacht und im Nachhinein mit Hilfe eine App bearbeitet und in Bewegung gesetzt.
Ob der Beat nun vielen Hörern gefällt, bleibt zunächst offen. Für mich aber bildet der Sound genau den Vibe, das Gefühl, das ich damals vor Ort hatte und festhalten wollte.
Gerne denke ich an die Zeit dort zurück und hab mir mein eigenes kleines Andenken ‚mitgebracht‘.
